Wie schön wäre es, wenn eine einfache Pille dafür sorgen könnte, dass wir länger, fitter und gesünder leben könnten. Zumindest bei Mäusen und Affen könnte Forschern jetzt ein großer Wurf im Bereich Anti-Aging gelungen sein: Taurin, bekannt aus vielen Energydrinks, scheint echte Superpower im Kampf gegen das Älter werden zu haben.
Zuerst werden Sie sich vielleicht fragen, warum in aller Welt Sie über das Altern oder Anti-Aging in einem Blog lesen, der sich normalerweise mit Ernährung und Fruchtbarkeit beschäftigt.
Nun, alles, was mit Ernährung zu tun hat, wirkt sich systemisch auf unseren Körper aus, das heißt, es beeinflusst alle Teile und Funktionen unseres Körpers. In diesem Blog befassen wir uns normalerweise mit Dingen, deren Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit von besonderem Interesse sind, aber viele der Empfehlungen und Komponenten, die wir besprechen, wirken sich auch auf andere Aspekte unseres Körpers und sogar auf die Art, wie wir altern aus.
Doch bevor ich Ihnen mehr darüber erzähle, beginnen wir erst einmal mit ein paar grundlegenden Punkten.
Alt werden, was heißt das eigentlich?
Wenn wir altern, finden eine Reihe von Veränderungen statt, die vor kaum eines Bereich unseres Körpers Halt machen. Meist fällt uns äußerlich vor allem auf, was das Älter werden mit unserer Haut anstellt. Mit zunehmendem Alter verliert die Haut an Elastizität und Feuchtigkeit. Die Folgen sind trockene Haut, Falten und Altersflecken (eine ganze Industrie profitiert davon). Aber auch die Muskelmasse schwindet, sodass unsere Muskeln schwächer werden. Gleichzeitig leidet die Knochendichte, was das Risiko für Osteoporose und Knochenbrüche erhöht. Nicht umsonst erhält ein Greis, der noch sportliche Höchstleistung bringt, fast die gleiche Aufmerksamkeit wie ein Promi. Außer dem Gewicht (was durch den langsamer werdenden Stoffwechsel eher zunimmt), nimmt auch sonst noch so einiges ab, zum Beispiel die Hormonspiegel, die Herz-Kreislauf-Funktion, das Gedächtnis, die kognitive Leistungsfähigkeit, die Telomere und, und, und.
Was allerdings wächst, ist das Risiko für Krankheiten. Mit dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, chronische Erkrankungen wie Herzkrankheiten, Diabetes, Krebs, und neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer zu entwickeln. Dies liegt zum Teil an den langfristigen Auswirkungen von erblicher Belastung, Umwelteinflüssen und dem Verschleiß des Körpers im Laufe der Zeit. Na toll!
Wie wir das Altern beeinflussen können
Altern ist nichts für Feiglinge, so der Titel eines Buches. Aber, und da zitiere ich meine Mutter: „Wer nicht alt werden will, muss jung sterben“. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber aus meiner Sicht ist das auch keine echte Alternative.
Da fragt es sich schon eher, wie man vielleicht etwas weniger schnell und etwas fitter und gesünder alt werden kann? Natürlich gibt es eine ganze Menge Umstände, die mitbestimmen, wie wir altern. Viele davon können wir leider nicht beeinflussen, so unsere familiäre Veranlagung, bestimmte Umweltfaktoren oder auch einfach das Schicksal selbst. Aber: es ist unbestritten, dass jeder von uns durch gesunde Ernährung und einen aktiven Lebensstil auch einen großen Einfluss darauf nehmen kann, wie wir altern.
So ist beispielsweise bekannt, dass Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum und Drogenmissbrauch nicht nur zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen, sondern auch den Alterungsprozess beschleunigen können. Der Verzicht auf diese schädlichen Substanzen kann die Gesundheit verbessern und das Risiko altersbedingter Krankheiten verringern. Also – Finger weg von all dem Zeug!
Auch wirklich negativ ist zu viel Stress. Chronischer Stress kann den Alterungsprozess beschleunigen. Stresshormone wie Cortisol können Entzündungen im Körper erhöhen und Zellen schädigen.
Den Alterungsprozess verlangsamen
Strategien zur Stressbewältigung wie Entspannungstechniken, regelmäßige Bewegung, soziale Unterstützung und ausreichend Schlaf können helfen, Stress zu reduzieren und den Alterungsprozess zu verlangsamen.
Eine aktive Lebensweise kann dazu beitragen, den Körper stark und gesund zu erhalten. Regelmäßige körperliche Aktivität verbessert die Durchblutung, fördert den Muskelaufbau und hilft, altersbedingten Verlust von Muskelmasse und Knochenmineraldichte vorzubeugen. Sie kann auch das Risiko für chronische Erkrankungen wie Herzkrankheiten, Diabetes und Demenz senken. Und außerdem hebt sie auch noch die Stimmung!
Wichtig ist außerdem, ausreichend Wasser zu trinken. Nur so kann der Stoffwechsel optimal funktionieren. Eine gute Flüssigkeitszufuhr kann weiterhin dazu beitragen, die Hautelastizität zu erhalten und das Auftreten von Falten zu verringern (ich selbst bin bekannt dafür, meist eine kleine Flasche mit Trinkwasser mit mir herumzutragen).
Und schließlich weiß man aus vielen Untersuchungen, dass eine gesunde Ernährungsweise entscheidend dafür sein kann, wie wir altern. Eine vollwertige, ausgewogene Ernährung mit reichlich Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, magerem Eiweiß und gesunden Fetten liefert wichtige Nährstoffe und Antioxidantien, die den Körper vor Schäden durch freie Radikale schützen können. Eine schlechte Ernährung, die reich an zuckerhaltigen und/oder stark verarbeiteten Lebensmitteln, gesättigten Fettsäuren und Transfetten ist, kann hingegen zu Entzündungen und oxidativem Stress führen, was den Alterungsprozess beschleunigen kann.
Was ist mit Nahrungsergänzung?
Um ehrlich zu sein, sind viele der Aussagen zu den Auswirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln auf den Alterungsprozess und die allgemeine Gesundheit, die man im Internet so findet, wissenschaftlich oft nicht eindeutig belegt. Ein Großteil der behaupteten Vorteile beruht auf präklinischen Studien oder auf begrenzten klinischen Studien mit widersprüchlichen Ergebnissen. Zudem können Nahrungsergänzungsmittel auch mit anderen Medikamenten oder Gesundheitszuständen interagieren.
Dennoch gibt es ein paar Nährstoffe, die von Anti-Aging Experten gerne und auch durchaus erfolgreich eingesetzt werden. Dazu gehören zum Beispiel Antioxidantien wie Vitamin C, Vitamin E, Beta-Carotin und Coenzym Q10. Sie sollen freie Radikale im Körper neutralisieren, die Zellschäden und vorzeitiges Altern verursachen können. Diese Antioxidantien sind in Obst, Gemüse und einigen pflanzlichen Ölen, aber eben auch in vielen Nahrungsergänzungsmitteln enthalten. Omega-3-Fettsäuren, insbesondere die langkettigen Varianten EPA und DHA, werden häufig für ihre potenziellen Vorteile für die Herzgesundheit, die Gehirnfunktion und die Abschwächung von Entzündungsreaktionen im Körper diskutiert. Resveratrol ist eine Verbindung, die in Trauben, Rotwein und einigen anderen Pflanzen vorkommt. Es wird angenommen, dass sie entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften hat und möglicherweise die Langlebigkeit fördert. Kollagen ist ein Protein, das für die Gesundheit der Haut, Knochen, Gelenke und des Bindegewebes wichtig ist. Die Einnahme von Kollagen als Nahrungsergänzungsmittel soll den Körper mit Bausteinen versorgen, um den Kollagenabbau im Alter auszugleichen.
Neuer Anti-Aging Superheld: Taurin
Ganz neu sind Forschungsarbeiten zu Taurin, die auch in den normalen Medien große Beachtung gefunden haben. Taurin ist eine sogenannte Aminosulfonsäure, die natürlicherweise im Körper vorkommt und dort auch immer wieder neu gebildet wird.
Fun Fact: Im Gegensatz zum Menschen kann die Katze Taurin nicht selbst in ausreichender Menge bilden und muss Taurin über die Nahrung zu sich nehmen. Und nun raten Sie mal, welches bei Katzen beliebte „Lebensmittel“ besonders viel Taurin enthält? Richtig – eine Maus 🐭🐭🐭 (okay, das ist nur ein Fun Fact wenn man selbst keine Maus ist, das gebe ich zu)
Taurin im Körper
Taurin hat vielfältige Aufgaben in unserem Körper, wie beispielsweise die Unterstützung des Herz-Kreislauf-Systems, Regulierung des Stoffwechsels, des Blutzuckerspiegels und der Insulinsensitivität. Taurin kommt außerdem auch im Gehirn vor und spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Neurotransmitterhaushalts. Es kann die Übertragung von Nervenimpulsen beeinflussen und die Gehirnfunktion unterstützen. Taurin wird daher auch mit einer Verbesserung der kognitiven Funktionen und der Stimmung in Verbindung gebracht.
Taurin außerdem das Immunsystem stärken und die Funktion der Immunzellen verbessern. Es spielt eine Rolle bei der Bekämpfung von Entzündungen und Infektionen. Außerdem wirkt es als Antioxidans und kann so dazu beitragen, oxidativen Stress zu reduzieren und damit das Risiko für verschiedene Erkrankungen zu verringern.
Taurin in Lebensmitteln
Taurin kommt in verschiedenen Lebensmitteln vor, insbesondere in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch und Milchprodukten. Es wird auch als Zutat in einigen Energy-Drinks zugesetzt, obwohl die Konzentrationen in diesen Getränken oft höher sind als die natürlichen Mengen, die normalerweise im Körper vorkommen.
Taurin und Anti-Aging
Eine neue Studie von Vijay Yadav und Henning Wackerhage von der Technischen Universität München zeigt nun, dass Taurin den Alterungsprozess deutlich verlangsamen kann. Es ist nicht irgendeine Studie, sondern eine, die es in den Olymp der wissenschaftlichen Arbeit, die Fachzeitschrift „Science“, geschafft hat. Demnach kann ein erhöhter Taurinspiegel im Blut die Lebensspanne von Mäusen um unglaubliche zehn bis zwölf Prozent verlängern.
Das muss man sich mal vorstellen: Für einen Menschen mit einer normalen Lebenserwartung von ca. 80 Jahren würde eine Lebensverlängerung um 10 % bei gleicher Wirksamkeit fast 90 Jahre bedeuten – das ist wirklich SEHR viel!
Darüber hinaus wurden positive Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit festgestellt, wie z.B. ein verbessertes Gedächtnis, erhöhte Muskelkraft, weniger depressives oder ängstliches Verhalten, ein stärkeres Immunsystem und eine erhöhte Knochendichte.
Niedrige Taurinwerte im Blut werden dagegen mit erhöhtem Blutdruck, erhöhten Entzündungswerten und Diabetes in Verbindung gebracht. Obwohl noch nicht genau bekannt ist, welche Prozesse durch einen Taurinmangel verhindert oder gehemmt werden, hoffen die Forscher auf weitere finanzielle Unterstützung, um mehr herauszufinden.
Taurin als Nahrungsergänzung
Die Studie zeigte auch, (und jetzt wird es wirklich interessant) dass eine Taurinsupplementierung bei Mäusen und Rhesusaffen zu einer Verlängerung der gesunden Lebensspanne führte.
Leider gibt es noch keine Erkenntnisse zur Prävention von Alterskrankheiten durch die Einnahme von Taurin beim Menschen ☹. Die Hoffnungen sind natürlich riesig und wir werden sicher in näherer Zukunft die ersten Forschungsdaten zu diesem Thema auch beim Menschen sehen…
Als Nahrungsergänzung eingesetzt wird Taurin dennoch bereits seit vielen Jahren. Taurin wird oft als Zellschutz für Sportler mit häufigen Überlastungen angepriesen, und zwar vor allem wegen seiner antioxidativen Wirkung.
Als Bestandteil von Energy Drinks soll Taurin zusammen mit Koffein fit machen. Allerdings beruht die anregende Wirkung solcher Getränke vor allem auf der hohen Koffeinmenge.
Egal, wofür Taurin bislang als Nahrungsergänzung verwendet wurde, die gute Nachricht ist, dass durch den jahrelangen Einsatz auch eindeutig klar ist, dass der Verzehr von Taurin für den Menschen unbedenklich ist. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat in einem Bericht von 2012 keine Nebenwirkungen beim Verzehr festgestellt. Dies gilt bis zu einer gewaltigen Menge von bis zu sechs Gramm Taurin pro Tag.
Vorsicht vor Energydrinks
Jeden Tag Energy-Drinks, bis der Arzt kommt? Der kommt im Zweifelsfall schneller, als Ihnen lieb ist. Denn trotz eines schönen Gehalts an Taurin, haben Energydrinks leider auch jede Menge andere Inhaltsstoffe, wie beispielsweise Koffein, Zucker oder Süßstoffe sowie Lebensmittelzusatzstoffe. Daher kann der Verzehr aus gesundheitlichen Gründen für viele Menschen nicht oder nur eingeschränkt befürwortet werden.
Übrigens: Auch mehr tierische Produkte zu verzehren, ist keine gute Alternative, um an mehr Taurin zu kommen. Sie sind oft stark mit Hormonen und ungesunden Fetten belastet.
Wenn Sie selbst also gerne testen möchten, ob auch Sie von zusätzlichem Taurin profitieren, so sollten Sie lieber Nahrungsergänzungsmitteln den Vorzug geben, die eine geprüfte Qualität haben. Achten Sie dabei auf eine Herstellung, die arm an Lebensmittelzusatzstoffen und möglichst vegan ist (z.B. Fertilovit MT).
Quellenangaben
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