Hartnäckig halten sich rund ums Thema Stillen so einige Mythen, die teilweise leider dazu beitragen, dass Frauen Bedenken haben zu stillen, oder veraltete Ratschläge beherzigen, die nach neuerem Wissen eher schädlich als hilfreich sind. Daher haben wir hier einmal einige der häufigen Mythen zusammengetragen und erklären, was dahinter steckt.
Mythos 1: „Stillen kann man nur mit großen Brüsten“
FALSCH!
Jede Frau kann unabhängig von der Körbchengröße stillen. Es ist nicht die Größe der Brust, sondern die Menge des Brustdrüsengewebes entscheidend. Nur sehr wenige Frauen haben wirklich zu wenig Brustdrüsengewebe, um ausreichend Milch für ihr Babys zu bilden. Und selbst in einem solchen Fall kann eine kompetente Stillberatung helfen, das Baby trotzdem so weit wie möglich mit Muttermilch zu ernähren.
Mythos 2: „Vom Stillen bekommt man Hängebrüste“
FALSCH!
Nicht das Stillen an sich, sondern die Hormone in der Schwangerschaft sind für das Wachstum der Brüste verantwortlich. Es kann einige Monate bis hin zu zwei Jahren dauern, bis sich nach der Schwangerschaft bzw. Stillzeit das Drüsengewebe zurückbildet und wieder mehr Fett in der Brust eingelagert wird. Neben der Schwangerschaft haben Alter und Bindegewebsstruktur den größten Einfluss auf das Aussehen der Brust.
Mythos 3: „Das Stillen muss seine feste Zeit haben“
FALSCH!
Während unseren Müttern und Großmüttern noch eingetrichtert wurde, auf feste Stillabstände und eine nächtliche Trinkpause zu achten, so haben sich das Wissen und die Erkenntnisse gewandelt und man ist sich inzwischen einig, dass ein Stillrhythmus zwar entstehen kann, aber keinesfalls muss. Der heutige Leitgedanke ist das bedürfnisorientierte Stillen. Das heißt, Ihr Baby bekommt immer dann die Brust, wenn es Hunger hat, unabhängig von der Uhr- oder Tageszeit.
Es ist nämlich ganz normal, dass ein Baby über die gesamte Stillzeit hinweg seine Stillabstände immer wieder verändert. Immerhin wächst es ja nicht gleichmäßig, sondern Sie werden beobachten, dass die Entwicklung oft in kleinen und größeren „Sprüngen“ verläuft. Klar, dass es zum Beispiel direkt vor oder während eines Entwicklungsschubs vorübergehend deutlich mehr Milch benötigt. Durch ein bedürfnisorientiertes Stillen bekommt Ihr Baby dann immer genau das, was es gerade im Moment für seine gesunde Entwicklung braucht.
Sie müssen auch keine Angst haben, Ihr Baby übermäßig zu verwöhnen, wenn Sie ihm die Brust nach Bedarf geben. Vielmehr lernt Ihr Baby, dass es sich auf seine Eltern verlassen kann. Es gewöhnt sich daran, dass vertraute Menschen ihm freundlich zugewandt sind. Diese sichere Basis schenkt Ihrem Baby die Freiheit, seine Energie ins Wachstum und ins Lernen zu stecken. Belohnt werden Sie langfristig mit einem gesunden, zufriedenen Kind, das meist sogar weniger weint, da es sich in seiner Welt sicher und geborgen fühlen darf.
Mythos 4: „Stillen tut weh“
FALSCH!
Eine leichte Reizung der Brustwarze, ein Ziehen oder Kribbeln in der Brust können in der ersten Zeit normal sein, aber mit der richtigen Anlegetechnik und Übung ist Stillen absolut schmerzfrei. Sollten Schmerzen auftreten, so sind diese meist ein Hinweis darauf, dass Sie und Ihr Baby beim Stillen vielleicht noch ein wenig Unterstützung brauchen. Immerhin ist das Stillen für Sie beide eine ganz neue Erfahrung.
Wird die Brustwarze wund oder schmerzt die Brust, dann können z.B. Anlege- oder Saugprobleme, ein Milchstau oder ein Soor Ursache sein. Hilfe finden Sie in diesem Fall bei Ihrer Hebamme oder Stillberaterin.
Mythos 5: „Manche Frauen haben ‚dünne Milch'“
Falsch!
Die Muttermilch jeder gesunden, ausreichend ernährten (siehe unten) Frau ist optimal für ihr Baby zusammengesetzt. Sie besteht zu 85% aus Wasser, welches den Flüssigkeitsbedarf deckt. Die restlichen 15% enthalten u.a. Kohlenhydrate, Milchzucker, Fette, Proteine, Kalzium, Eisen, Vitamine – also alles, was Ihr Kind für sein Wachstum benötigt! Vielleicht haben Sie bemerkt, dass die ersten Tropfen Muttermilch beim Anlegen etwas wässrig aussehen. Das ist ganz normal: Beim Stillen fließt zunächst durstlöschende Milch mit weniger Fettgehalt. Innerhalb der ersten Stillminuten erhöht sich der Fettanteil und die kalorienreiche Milch beginnt zu fließen. Sollte Ihr Baby nicht genug zunehmen, so liegt das Problem wahrscheinlich eher darin, dass es insgesamt zu wenig Milch bekommt – nicht an der Milchqualität. Bitte sprechen Sie dann mit Ihrem Kinderarzt/ Ihrer Kinderärztin und/oder einer Stillberaterin.
Mythos 6: „Stillen zehrt, deswegen muss die stillende Mutter für zwei essen“
Falsch!
Was viel mehr als das Stillen zehrt, ist der Babyalltag insgesamt. Jede Mutter, egal ob sie stillt oder mit der Flasche füttert, sollte sich vor allem in den ersten beiden Monaten Ruhe und Unterstützung gönnen. Legen Sie sich ruhig auch einmal tagsüber mit dem Baby hin, lassen Sie den Haushalt liegen, trauen Sie sich, es zu sagen, wenn Ihnen lieb gemeinte Besuche doch zu viel werden und nehmen Sie angebotene Hilfe und Unterstützung an. Denken Sie daran: Je besser es Ihnen geht, desto besser wird es auch ihrem Baby gehen.
Der eigentliche Mehrbedarf an Energie durch das Stillen liegt bei etwa 500 kcal. Das entspricht ungefähr einer Zwischenmahlzeit. Die Natur hat den Mehrbedarf aber meist bereits schon vorausgesehen und Ihr Körper hat in der Schwangerschaft vermutlich ein kleines Polster angelegt, das nun in der Regel schmilzt.
Da Ihre eigene Nahrung aber die Basis für die Ernährung Ihres Babys bildet, ist es super, wenn Sie zwar nicht für zwei essen, aber jetzt besonders auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung achten. Denn was in der Tat deutlich steigt, ist der Bedarf an wertvollen Vitaminen und Mineralien. Davon betroffen sind vor allem Vitamine der B-Gruppe (Vitamin B1, B2, B6, B12, Folat, Niacin), die antioxidative Vitaminen A, C, E sowie die Mineralstoffe Eisen, Zink, Jod, Phosphor, Magnesium und Selen. Viele Stillende Frauen profitieren daher von einer gezielten Nahrungsergänzung während der Stillzeit.
Mythos 7: „Das Baby gehört ins Bett“
Stimmt. Welches das aber ist – das entscheidet jede Familie für sich. Ein Kind darf überall dort schlafen, wo es sicher ist und sich wohl fühlt. Das kann tagsüber zum Beispiel in einer Tragehilfe, einer Wiege oder im Stubenwagen sein; oder nach dem Stillen in Mamas Arm oder auf Papas Bauch. Auch nachts finden Familien ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Manche Familien haben ein Kinderbett im Elternschlafzimmer, manche Mütter legen sich nachts mit Ihrem Baby lieber auf ein Bett im Gästezimmer. Wieder andere Familien nehmen ihr Kind mit ins Elternbett.
Beim Schlafen im Elternbett sollten Sie darauf achten, dass nicht nur der Raum selbst eine rauchfreie Zone ist, sondern dass auch alle, die im selben Bett mitschlafen, weder rauchen noch irgendwelche andere Drogen, Alkohol oder dämpfende Medikamenten einnehmen. Natürlich sollte Ihr Bett groß genug sein, sodass alle genügend Bewegungsfreiheit haben. Am besten legen Sie Ihr Baby neben die Mutter, nicht zwischen die Eltern oder neben Geschwister. Achten Sie außerdem darauf, dass Ihr Baby nicht mit dem Kopf unter eine Decke rutschen kann.
Egal, wo Ihr Baby schläft: Es wird empfohlen, dass es ohne Kopfkissen und bevorzugt in Rückenlage schläft. Schützen Sie es vor Überwärmung, es sollte nicht schwitzen. Achten Sie auf eine sichere Schlafumgebung: Dazu gehören eine feste Schlafunterlage, abgesicherte Bettseiten, keine Spalten, keine losen Kissen, Schnüre oder Stofftiere.
Übrigens: Auch wenn Ihr Baby längere Zeit mit im Elternbett schläft, so dürfen Sie sich sicher sein, dass es genauso selbstverständlich dieser Phase entwachsen wird, wie es auch irgendwann vom Bobby Car auf das Fahrrad umsatteln wird.
Mythos 8: „Wenn die Mama Sport treibt, wird die Milch sauer“
Falsch! Wenn Ihnen danach ist, können Sie auch als stillende Mutter treiben und können Ihr Baby anschließend problemlos stillen. Wichtig ist ein gut sitzender Sport-BH, der stützt und nicht einschneidet. Sehr intensiver Sport vor dem Stillen kann den Lactatgehalt der Milch ein bisschen erhöhen, so dass diese vielleicht etwas weniger süß schmeckt. Das wird Ihr Baby aber weder stören, noch ihm schaden.