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Omega-3-Fettsäuren: Eine vielversprechende natürliche Therapie für perinatale Depressionen

Depressionen nach der Geburt betreffen viele junge Mütter

Die Forschung zeigt, dass Omega-3-Fettsäuren eine vielversprechende natürliche Therapie für perinatale Depressionen sein können.

Perinatale Depressionen

Laura sitzt zusammengekauert auf dem Boden in der Ecke des Badezimmers. Sie schluchzt und schluchzt und ist völlig verzweifelt. Jeden Tag geht das so, obwohl diese Zeit in ihrem Leben eigentlich zu den glücklichsten gehören sollte. Vor kurzem hat sie ein gesundes Baby geboren und obwohl sie es innig liebt, ist da immer wieder diese dunkle Verzweiflung. Totale Erschöpfung, Überforderung, Hilflosigkeit, und immer wieder Scham.
Deswegen fällt es ja auch so schwer, sich Hilfe zu holen. Das andere Elternteil arbeitet sehr viel, so muss sie sich zumindest kein Sorgen um Geld machen. Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass aus dieser Richtung keine Hilfe zu erwarten ist. Laura traut sich nicht, sich jemanden anzuvertrauen mit ihrer Not.
Wahrscheinlich ist ihr selbst nicht wirklich klar, dass sie, wie so viele andere Frauen auch in ihrer Situation, unter Wochenbett- oder perinatalen Depressionen leidet

Perinatale Depressionen und Angstzustände, oft auch als Schwangerschafts- und Baby-Blues bezeichnet, sind weit verbreitet, wobei die Prävalenzraten für schwere und leichte Depressionen während der Schwangerschaft und in den ersten drei Monaten nach der Geburt bei bis zu 20 % liegen. Tatsächlich gilt die postpartale oder auch Wochenbett-Depression als die häufigste Komplikation nach der Geburt eines Kindes.

Die Depressionen können dabei recht unterschiedlich stark ausfallen. Betroffene Frauen berichten von starker Traurigkeit oder sogar Verzweiflung, Schlafproblemen, anhaltender Müdigkeit, Erschöpfung und Schwäche. Sie stellen fest, dass ihr Appetit sich verändert, sie viel ängstlicher oder reizbarer geworden sind, sie sich leicht gestresst oder überwältigt fühlen. Manche beschreiben auch Konzentrationsschwierigkeiten, negative Selbsteinschätzung, Schuldgefühle und das Gefühl, als Mutter oder Partnerin zu versagen. Viele haben dann auch keine Lust mehr auf Aktivitäten, die sie früher sehr gemocht haben, sodass sie sich schließlich stark zurückziehen.

Es ist wichtig zu betonen, dass perinatale Depressionen nicht allein durch normale Stimmungsschwankungen oder die emotionalen Herausforderungen der Mutterschaft erklärt werden können. Wenn Frauen oder ihre Angehörigen während der Schwangerschaft oder nach der Geburt Anzeichen einer Depression bemerken, so sollten sie sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Frühzeitiges Eingreifen und Unterstützung können nämlich dazu beitragen, die Auswirkungen einer perinatalen Depression zu mildern und die Gesundheit von Mutter und Kind zu fördern.

Ursachen für perinatale Depressionen

Perinatale Depressionen können durch viele Faktoren verursacht werden, und Experten diskutieren verschiedene Ursachen, die einzeln oder in Kombination auftreten können.

Eine familiäre Vorbelastung mit Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen kann das Risiko einer perinatalen Depression erhöhen, ebenso wie eine persönliche Vorgeschichte mit psychischen Problemen vor der Schwangerschaft. Stressige Lebensereignisse während der Schwangerschaft wie finanzielle Probleme, Beziehungsprobleme, beruflicher Stress oder der Verlust eines geliebten Menschen können das Risiko einer perinatalen Depression erhöhen. Es überrascht sicher niemanden, dass auch ein Mangel an Unterstützung, sei es durch die Familie, Freunde oder den Partner, das Risiko einer perinatalen Depression steigern kann. Dies gilt insbesondere, wenn man bedenkt, dass es eine große Herausforderung in sich selbst ist, eine frischgebackene Mutter zu sein. Es ist auch für die tollste Power-Frau nicht einfach, sich auf die neue Situation einzustellen und mit dem Schlafmangel in den ersten Monaten zurechtzukommen.

Darüber hinaus zeigen immer mehr Studien, dass Depressionen nicht nur auf die Psyche zurückzuführen sind. Sowohl unser Hormonstatus als auch unser Immunsystem haben einen sehr großen Einfluss auf unsere Gefühlslage.

So ist bekannt, dass die hormonellen Schwankungen insbesondere von Östrogen und Progesteron während der Schwangerschaft und nach der Geburt die Stimmung beeinflussen. Ein rascher Abfall dieser Hormone nach der Geburt wird schon seit längerem mit dem Auftreten einer postpartalen Depression (Wochenbettdepression) in Verbindung gebracht.

Auch immunologische Prozesse im Körper wirken sich über Entzündungsmediatoren auf unser psychisches Wohlbefinden aus. Sicherlich haben Sie das schon selbst erlebt: Haben Sie nicht auch das Bedürfnis, sich zurückzuziehen, wenn Sie krank sind oder sich verletzt haben, und fühlen sich eher lustlos?

Behandlung perinataler Depressionen

Frauen, die unter einer perinatalen Depressionen leiden, sollten idealerweise so rasch wie möglich Hilfe bei Fachleuten wie Geburtshelfern, Gynäkologen, Psychiatern oder Psychologen suchen. Eine frühzeitige Erkennung und Intervention hat die besten Chancen auf schnelle Verbesserung und ist daher für die Gesundheit von Mutter und Baby essentiell. Ein Behandlungsplan wird dann auf die spezifischen Bedürfnisse und Umstände der individuellen Mutter zugeschnitten sein.

Die Behandlungsmöglichkeiten für perinatale Depressionen umfassen dabei in der Regel eine Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten und zielen oft auch darauf ab, die Lebensumstände (z. B. mehr Unterstützung für die Mutter, damit sie genügend Schlaf bekommt) und den Lebensstil (gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung verbessern nachweislich das emotionale Wohlbefinden) zu verbessern.

Einer medikamentösen Behandlung sind insofern gewisse Grenzen gesetzt, da bei einer perinatalen Depression keine Medikamente eingesetzt werden dürfen, die auch das ungeborene Kind oder den gestillten Säugling beeinträchtigen könnten. Daher suchen viele Frauen nach natürlichen Alternativen.

Interessante Alternative aus der Natur: Omega-3-Fettsäuren

Ein interessanter Kandidat sind dabei die Omega-3-Fettsäuren. Omega-3-Fettsäuren sind eine Art mehrfach ungesättigtes Fett, das für verschiedene Körperfunktionen unerlässlich ist. Sie gelten als essenziell, weil der menschliche Körper sie nicht selbst herstellen kann und sie über die Nahrung (Fisch, Nüsse, Samen, Fischölpräparate) aufgenommen werden müssen. Es gibt drei Haupttypen von Omega-3-Fettsäuren:

  • Alpha-Linolensäure (ALA):  Kommt in pflanzlichen Quellen wie Leinsamen, Chiasamen und Walnüssen vor.
  • Eicosapentaensäure (EPA):  Überwiegend in fettem Fisch wie Lachs, Makrele und Sardinen enthalten.
  • Docosahexaensäure (DHA):  Ebenfalls in fettem Fisch enthalten, vor allem in höheren Konzentrationen in Fischölergänzungsmitteln.

Omega-3-Fettsäuren werden mit der Herz-Kreislauf-Gesundheit, Gelenken, Sehkraft, Entzündungshemmung und Gehirngesundheit in Verbindung gebracht. Schwangeren Frauen wird generell empfohlen, auf eine ausreichende Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren zu achten, da sie für die Entwicklung des Sehvermögens und des Gehirns des Babys wichtig sind. Für viele Frauen sind Fischölkapseln eine bequeme Möglichkeit, die Omega-3-Aufnahme zu erhöhen, insbesondere für diejenigen, die nicht so gerne und regelmäßig Fisch essen.

Während die Wirksamkeit von Omega-3-Fettsäuren (FA) bei der Behandlung von schweren Depressionen bereits gut belegt ist, ist ihre Rolle als natürliche Therapie bei perinatalen Depressionen noch unklar. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit über randomisierte, placebokontrollierte Studien wirft jedoch ein vielversprechendes Licht auf das Potenzial von Omega-3-Fettsäuren zur Behandlung perinataler depressiver Symptome.

Stand der Forschung zur Verwendung von Omega-3-Fettsäuren bei perinatalen Depressionen

Forscher aus China erstellten nach einer umfassende Suche in wissenschaftlichen Datenbanken wie PubMed, Embase, PsycINFO, MEDLINE, Cochrane Library und CINAHL bis November 2019 eine Zusammenfassung des Stand der Forschung. In die Übersichtsarbeit, die sie dazu erstellten, nahmen sie acht geeignete randomisierte, placebokontrollierte Studien (der Goldstandard der Wissenschaft) mit 638 Teilnehmern auf. Das primäre Ziel war die Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit einer Omega-3-FA-Therapie bei perinatalen Frauen mit depressiven Symptomen.

Omega-3 bei Depressionen in Schwangerschaft und Stillzeit: Die wichtigsten Daten

Werfen wir einen Blick darauf, was Dr. Zhang und Kollegen in ihrer 2020 in einer internationalen Fachzeitschrift veröffentlichten Arbeit herausfanden:

Signifikante Verbesserung bei perinatalen Depressionen: Die Studie ergab eine signifikante positive Wirkung von Omega-3-Fettsäuren auf perinatale Depressionen. Dies deutet darauf hin, dass eine Omega-3-Supplementierung in den Behandlungsplan für perinatale Frauen, die unter depressiven Symptomen leiden, von Vorteil sein könnte.

Wirksam sowohl bei schwangeren als auch bei postpartalen Frauen:  Omega-3-Fettsäuren hatten einen positiven Einfluss auf depressive Symptome unabhängig davon, ob die Frauen noch schwanger waren oder bereits geboren hatten. Omega-3 scheinen daher sowohl in der Schwangerschaft als auch nach der Geburt geeignet zu sein.

Wenige Nebenwirkungen:  Eine Omega-3-Supplementierung, insbesondere mit einem höheren EPA/DHA-Verhältnis, erwies sich als gut verträglich, und es traten kaum Nebenwirkungen auf. Dies ist ein wichtiger Aspekt, insbesondere während der Schwangerschaft und nach der Geburt.

Kein signifikanter Unterschied bei unerwünschten Ereignissen:   Die Studien, in denen über unerwünschte Wirkungen berichtet wurde, zeigten keinen signifikanten Unterschied in der Häufigkeit von gastrointestinalen und neurologischen Ereignissen zwischen der Omega-3- und der Placebogruppe. Dies deutet darauf hin, dass eine Omega-3-Supplementierung nicht mit einem erhöhten Risiko für unerwünschte Ereignisse bei perinatalen Frauen verbunden ist.

Publikationsfehler:  Es konnten keine Publikationsverzerrungen festgestellt werden, was die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse unterstreicht und die Aussagekraft der Studie erhöht.

Zusammenfassung: So wichtig sind Omega-3-Fettsäuren während der Schwangerschaft und in der Zeit nach der Geburt

Die Ergebnisse dieser systematischen Überprüfung randomisierter, placebokontrollierter Studien deuten darauf hin, dass eine Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren eine vielversprechende Maßnahme zur Behandlung perinataler Depressionen darstellt. Die Wirksamkeit, die Sicherheit und das geringe Auftreten von Nebenwirkungen machen Omega-3-Fettsäuren zu einer attraktiven Option für Frauen mit depressiven Symptomen in der Schwangerschaft.

Obwohl noch nicht ganz klar ist, wie diese positive Wirkung genau zustande kommt, kann man spekulieren, dass die wichtige Rolle der Omega-3-Fettsäuren sowohl für die Gesundheit des Gehirns als auch für die Verringerung von Entzündungen (auf diese Weise wirken sie auf unsere Immunfunktion) zu den beobachteten Verbesserungen der psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens beitragen.

Da die Omega-3-Fettsäuren sowohl für die Gesundheit des Babys als auch für die der Mutter eine wichtige Rolle spielen, ist eine ausreichende Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren während der Schwangerschaft und der Stillzeit von Anfang an ein Schlüsselfaktor für die Gesundheitsvorsorge.

Wenn Sie also schwanger sind oder stillen, sorgen Sie für ausreichend Ruhe und Unterstützung und nehmen Sie reichlich wertvolle Omega-3-Fettsäuren zu sich, entweder über die Nahrung oder über hochwertige Nahrungsergänzungsmittel 😍.

Quellenangaben

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Zhang MM, Zou Y, Li SM, Wang L, Sun YH, Shi L, Lu L, Bao YP, Li SX. The efficacy and safety of omega-3 fatty acids on depressive symptoms in perinatal women: a meta-analysis of randomized placebo-controlled trials. Transl Psychiatry. 2020 Jun 17;10(1):193. doi: 10.1038/s41398-020-00886-3. PMID: 32555188; PMCID: PMC7299975.

Über den Autor

Dr. rer. nat. Birgit Wogatzky

Die Diplom-Biologin und Ernährungsexperting Dr. rer. nat. Birgit Wogatzky befasst sich seit vielen Jahren mit den Bedürfnissen von Kinderwunschpaaren. Für den „fruchtbarkeit-blog“ berichtet sie immer wieder in allgemein verständlicher Weise von aktuellen Forschungserkenntnissen rund um das Thema „Lifestyle und Ernährung bei Kinderwunsch.