Autoimmune Schilddrüse Fruchtbarkeit von Frau & Mann

Schilddrüse und Kinderwunsch

Die Schilddrüse befindet sich im vorderen Halsbereich unterhalb des Kehlkopfs. Die lebenswichtige Hormondrüse ist ähnlich einem Schmetterling geformt und spielt eine große Rolle für den Stoffwechsel und alle Vorgänge von Wachstum und Entwicklung. Dazu gibt sie Schilddrüsenhormone ins Blut ab.  Die Schilddrüse hat auch für den weiblichen Zyklus eine zentrale Funktion und ist somit bei Kinderwunsch von großer Bedeutung. Selbst Vorstufen von Schilddrüsenunter- oder Überfunktion können zu deutlichen Störungen des Zyklus und der Fruchtbarkeit führen. Daher ist die gründliche Abklärung der Schilddrüsenfunktion ein wichtiger Bestandteil jeder Kinderwunschbehandlung.

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Eine Hypothyreose ist eine recht häufige Erkrankung, bei der die Schilddrüse nicht genügend Schilddrüsenhormone produziert. Dadurch kann der Stoffwechsel verlangsamt werden. Die Erkrankung wird auch als Schilddrüsenunterfunktion bezeichnet. Sie kann zu Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtszunahme und erhöhter Kälteempfindlichkeit führen.
Bei einer Hyperthyreose hingegen produziert die Schilddrüse zu viel Schilddrüsenhormon, was den Stoffwechsel beschleunigen kann. Diese auch als Schilddrüsenüberfunktion bezeichnete Erkrankung kann eine Vielzahl von Symptomen hervorrufen, darunter Gewichtsverlust, Zittern der Hände und einen schnelleren oder unregelmäßigen Herzschlag.

Untersuchung der Schilddrüsenfunktion

Dafür wird eine Blutprobe benötigt, aus welcher im Labor der sogenannte TSH – Wert bestimmt wird. Bei dem Thyreoidea-stimulierenden Hormon (TSH) handelt es sich um ein Hormon, das von der Hirnanhangsdrüse gebildet wird und das die Bildung der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) steuert. Veränderungen des TSH-Wertes im Blut erlauben Rückschlüsse auf die Schilddrüsenfunktion: Niedrige TSH-Werte sind ein Hinweis auf eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Erhöhte TSH-Werte sind wiederum ein Hinweis auf eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). TSH-Werte werden normalerweise in den Einheiten µIU/ml oder mIU/l angegeben, also Menge beziehungsweise Einheiten pro Volumen. Als übliche Referenzwerte für erwachsene Frauen gelten Werte zwischen 0,27 – 4,20 µIU/ml, jedoch sollten bei Kinderwunsch andere Erfahrungswerte (siehe unten) beachtet werden.

Bei einer Abweichung des TSH vom Normbereich, werden im nächsten Schritt meist auch die freien Schilddrüsenhormone fT3 und fT4 bestimmt, gegebenenfalls auch die sogenannten TPO-Antikörper (Antikörper gegen Thyreoperoxidase), mit denen festgestellt werden kann, ob eine autoimmune Schilddrüsenerkrankung vom Typ Hashimoto vorliegt. Bei der Hashimoto-Thyreoiditis handelt es sich um eine schmerzlose Entzündung der Schilddrüse, die durch körpereigene Antikörper (TPO-Antikörper) und weiße Blutzellen (T-Lymphozyten) hervorgerufen wird.

Schilddrüsenfehlfunktionen aller Art haben einen großen Einfluss auf die Funktion der Eierstöcke und können direkt oder indirekt zu einer Ovarialinsuffizienz führen. So kann eine (latente) Schilddrüsenunterfunktion eine Hyperprolaktinämie nach sich ziehen. Auch die Einnistung des Embryos ist häufig erschwert.  Sind TPO-Antikörpertiter stark erhöht, so kann auch das Risiko für Fehlgeburten erhöht sein.

Infokasten: Hyperprolaktinämie
Von einer Hyperprolaktinämie spricht man, wenn der Anteil des Hormons Prolaktin im Blut stark erhöht ist. Während der Stillzeit ist dies ganz normal. Das Hormon Prolaktin wird in der Hirnanhangsdrüse gebildet und steuert den Zyklus und die Milchproduktion beim Stillen. Ein Übermaß an Prolaktin außerhalb der Stillzeit äußert sich in abnehmender Libido und dem Ausbleiben der Regelblutung.

Einstellung der Schilddrüse bei Kinderwunsch

Aufgrund der geschilderten großen Bedeutung der gesunden Schilddrüsenfunktion, hat es sich bei  Kinderwunsch bewährt, darauf zu achten, dass der TSH relativ niedrig eingestellt ist und nicht über 1.5  mlU/l liegt.

Behandlung

Die Behandlung erfolgt mit dem Schilddrüsenhormon L-Thyroxin. Dieses wird morgens nüchtern eingenommen. Regelmäßige Kontrollen ermöglichen die individuelle Anpassung der Dosis mit dem Ziel, einen TSH im niedrig-normalen Normbereich (0,4-1,5 mIU/l) zu erreichen.

Eine solchermaßen durchgeführte gute Einstellung der Schilddrüsenfunktion verbessert Studien zufolge den Erfolg einer Kinderwunschbehandlung deutlich: In einem Übersichtsartikel aus dem Jahre 2013 wurden mehrere Studien mit insgesamt 220 Patienten ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass eine Schilddrüseneinstellung mit L-Thyroxin die Erfolgsraten einer Kinderwunschbehandlung, das Risiko für eine Fehlgeburt und den Schwangerschaftsverlauf deutlich verbesserte (Velkeniers et al, 2013).

Wichtig zu wissen: Hoch-titrige TPO-Antikörper können auch bei normaler Schilddrüsenfunktion die Einnistung des Embryos (Implantation) hemmen. Was also tun?Eine Behandlung mit Selen kann die Entzündungsaktivität und damit die Menge der Antikörper reduzieren. Bei Hashimoto wird zudem empfohlen, auf eine Jod-arme Ernährung zu achten, da ein Übermaß an Jod die Schilddrüsenentzündung verschlimmern kann. Spezialisierte Kinderwunschvitamine speziell für Hashimoto Patientinnen enthalten daher Selen in einer jodfreien Kombination mit Folsäure und allen weiteren bei Kinderwunsch wichtigen Vitaminen. Bitte achten Sie darauf, Ihre Schilddrüsenhormone weiter nüchtern morgens zu nehmen und Ihre Kinderwunschvitamine erst zum Ende des Frühstücks.

Schilddrüse und Schwangerschaft

Während der ganzen Schwangerschaft wird Ihr betreuender Arzt / Ihre betreuende Ärztin weiterhin auf eine gute Schilddrüsenfunktion achten, um das Risiko von Fehlgeburten, Frühgeburten und weiteren Problemen im Schwangerschaftsverlauf zu senken und die besten Voraussetzungen für die gesunde Entwicklung Ihres Babys zu gewährleisten.

Dabei kann es gut sein, dass Sie in der Schwangerschaft mehr Schilddrüsenhormone als zuvor benötigen, denn in der Schwangerschaft nehmen viele Stoffwechselvorgänge zu (immerhin wächst ja ein neues Leben in Ihnen heran), sodass auch mehr Hormone benötigt werden, um diese Vorgänge zu ermöglichen.

Patientinnen mit Hashimoto dürfen sich während der Schwangerschaft oft darüber freuen, dass ihre Beschwerden zurückgehen. Dafür sorgt die vermehrte Produktion des sogenannten Schwangerschaftshormons Progesteron, welches das Immunsystem abschwächt. Dies ist wichtig, denn während der Schwangerschaft darf Fremdes, wie das ungeborene Kind, nicht mehr vom Immunsystem wie sonst angegriffen werden.

Da sich der Jodbedarf durch das sich entwickelnde Kind verändert (es beginnt bald damit, seine eigenen Schilddrüsenhormone herzustellen und braucht dafür Jod), sollten auch Hashimoto Patientinnen nun zusätzliches Jod zu sich nehmen. Das heißt, sie stellen jetzt um von den spezialisierten Kinderwunschvitaminen für Hashimoto-Patientinnen auf „normale“ Schwangerschaftsvitamine mit Jod.

Nach der Entbindung

Meist wird nach der Entbindung nochmals eine Anpassung der Dosis Ihrer Schilddrüsenhormone notwendig werden. Besprechen Sie sich mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin.

Hashimoto Patientinnen sollten sich darauf einstellen, dass nach der Schwangerschaft durch den Rückgang des Progesterons Hashimoto-Schübe ausgelöst werden können und eventuell vermehrt Symptome auftreten. Daher sollten für ein halbes Jahr die Schilddrüsenwerte in kurzfristigen Intervallen kontrolliert werden.

Rund 10% aller Frauen – also auch solche, die bislang nie Probleme mit der Schilddrüse hatten – erkranken in den ersten sechs Monaten nach der Entbindung erstmals an einer Schilddrüsenentzündung. Diese auch als postpartale Thyreoiditis bezeichnete Form der Hashimoto-Thyreoiditis führt in 9 von 10 Fällen jedoch glücklicherweise nicht zu einer chronischen Funktionsstörung der Schilddrüse. Dennoch sollten die Schilddrüsenwerte auch hier regelmäßig überprüft werden.

Stillzeit

Frauen mit Schilddrüsenerkrankungen können ihr Baby bedenkenlos stillen. Besprechen Sie jedoch die Dosierung Ihrer Medikamente mit Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin im Hinblick auf das Stillen.

Auch gut zu wissen: Ihr Baby bildet bereits selbst eigene Schilddrüsenhormone. Dafür benötigt es ausreichend Jod, das es aus der Muttermilch erhält.  Die stillende Mutter hat daher einen erhöhten Jodbedarf. Daher kann die Einnahme jodhaltiger Schwangerschafts- und Stillvitamine sinnvoll sein.
Nur manche Schilddrüsenpatientinnen müssen darauf achten, nicht zu hohe Jodmengen aufzunehmen, z.B. bei einem aktiven Morbus Basedow und Schilddrüsenüberfunktion -sprechen Sie mit Ihrem Arzt / Ihrer Ärztin und lassen Sie sich beraten.

Über den Autor

Dr. rer. nat. Birgit Wogatzky

Die Diplom-Biologin und Ernährungsexperting Dr. rer. nat. Birgit Wogatzky befasst sich seit vielen Jahren mit den Bedürfnissen von Kinderwunschpaaren. Für den „fruchtbarkeit-blog“ berichtet sie immer wieder in allgemein verständlicher Weise von aktuellen Forschungserkenntnissen rund um das Thema „Lifestyle und Ernährung bei Kinderwunsch.

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